Die Fantasie hat es einfach

Erstmals präsentiert Michael Rickert in Hiltrup seine Oeuvre

Von Michael Grottendieck

Münster-Hiltrup. „Überfällig!“ Ein Wort, das einfach alles sagt. Längst überfällig sei eine Ausstellung mit seinen eigenen Arbeiten. So hört es Michael Rickert jedenfalls allerorten, wenn er derzeit in Hiltrup über seine Pläne für diesen Herbst spricht. Das Warten hat sich gelohnt. Nicht eine Ausstellung verspricht der Kunsterzieher am hiesigen Kardinal-von-Galen-Gymnasium, sondern gleich vier an der Zahl.

In schöner Regelmäßigkeit ist Rickert ohnehin in der Hiltruper Öffentlichkeit präsent, wenn neue Arbeiten seiner Schüler präsentiert werden. Seine Rolle ist dabei auf einige einführende Worte beschränkt. Selbst wer mehrfach aufmerksam seinen Ausführungen gelauscht hat, wird kaum etwas über Rickerts eigene künstlerische Vorlieben und gar über sein Schaffen erfahren haben.

Was macht eigentlich Rickert, dieses Urgestein am KvG, das seit 1982 an der Schule unterrichtet und nicht zu Unrecht stolz darauf ist, dass dort seit 1983 ununterbrochen Leistungskurse im Fach Kunst zustande gekommen sind? Wofür steht der bekennende Wahl-Hiltruper, der 1953 in Wimbern geboren wurde, wenn er nicht in der Rolle des Kunstexperten und des Laudators seiner Schülerarbeiten auftritt?

Antworten gibt er in einem Gespräch mit den WN. Bekannt ist, dass Rickert an der Düsseldorfer Kunstakademie und zwar am Institut für Kunsterzieher in der Abteilung Münster ausgebildet wurde. Zu seinen Lehrern zählt er Udo Scheel, Norbert Thadeusz und Jochen Zellmann. Sein großes Idol ist Max Ernst mit seiner großen Experimentierfreudigkeit. Da hört man schon mal einen Satz aus dem Mund Rickert, dass es sich als „Epigonen“ von Max Ernst fühle – der sich übrigens unbändig darauf freut, dass in diesem Herbst tatsächlich Werke von Max Ernst im Best Western Premier Hotel Krautkrämer gezeigt werden.

Kunst, so lautet ein Credo Rickerts, müsse man jeden Tag neu erfinden. Sich auf einfaches Reproduzieren zu beschränken, das gehe nicht. Das gelte für das eigene künstlerische Arbeiten ebenso wie die berufliche Tätigkeit am KvG. Dass es eine Verzahnung beider Bereiche gibt, betrachtet er als „elementar“.

In seinen Fotoschätzen gebe es sogar eine Fotosequenz, die den damals zweijährigen Michael zeigt, wie am Tisch sitzt und zeichnet. Dem Einfluss seines Vaters, einem Grundschulrektor und begeisterten Kunstsammler, konnte und wollte er sich nicht entziehen. Schon früh mit einem Wohnambiente mit Petersburger Hängung vertraut, schätzt er noch heute die Kunstwerke und Bücher, die er von seinem Vater geerbt hat. Die eigene Bibliothek ist mittlerweile auf rund 4000 Bände angewachsen, die für ihn eine wichtige Arbeitsgrundlage sind.

Wer eigene Arbeiten Rickerts betrachtet, dem fällt die abstrakte Malweise ebenso auf wie die Tiefe, die der Künstler ihnen zu vermitteln vermag. „Die Fantasie hat es dabei eigentlich ganz einfach“, hat der Kunstkritiker Dr. Jörg Bokow einmal gesagt. Fast sei es so, als läge man entspannt auf einer Sommerwiese und blicke in den blauen Himmel, um in den Wolkengebilden verborgene Tiere, Gesichter, Fabelwesen zu entdecken, die der „große Meister“ an sein Firnament gemalt habe. Aber auch entlegene Sternensysteme, geheimnisvolle Landschaften oder Figuren lassen sich entdecken.

Die besondere Machart dieser Bilder hat auf der Oberfläche Spuren hinterlassen: Faszinierende Mikrokosmen auf wenigen Quadratzentimetern, die sich aus dem Gemisch von Binderfarbe, Leim und Caparol ergeben, dem Rickert mit der Höllenhitze eines Heißluftgebläse zu Leibe gerückt ist. Farbe und Pinsel allein genügen ihm nur selten.

Das Oeuvre jedoch beschränkt sich nicht allein die Malerei. Unter den 240 Arbeiten, die Rickert ankündigt, befinden sich Lithographien und Tuschearbeiten, jede Menge Fotos und sogar ein Film mit dem Titel „Goethe hat Hunger“. Wenn das nicht Appetit weckt – auf Rickert natürlich!
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Viermal Rickert in Hiltrup

Eine große Retrospektive aufgeteilt auf vier Ausstellungsorte. 240 Arbeiten benötigen schließlich viel Raum. Was wird wo und wann zu sehen sein?

Hiltruper Museum: Ab dem 11. September werden hier Zeichnungen, Druckgrafiken und Fotografien zu sehen sein. Fotos aus Hiltrup, wie es nicht mehr existiert: Impressionen aus dem leergeräumten und verstaubten Kloster sowie vom Silbersee und vom ehemaligen Hiltruper Hafen. Dazu bewegte Bilder, aufgenommen nachts in der Klosterküche. Zur Vernissage spricht Dr. Jörg Bockow.

Galerie im Alten Dorf von Jürgen Ohm: Farbige Lithografien und Tuschearbeiten.

Galerie im Hotel zur Prinzenbrücke: Ausschließlich Malerei von 1974 bis 1999. Titel: „Die Malerei des 20. Jahrhunderts.“ Zur Vernissage am 26. September spricht Dr. Joachim Stute.

Best Western Premier Hotel Krautkrämer: Die Malerei des 21. Jahrhunderts. Zur Vernissage im Januar 2010 wird als Laudator Prof. Dr. Max Kobbert erwartet.

Bildzeilen:

Im Herbst zeigt der Kunsterzieher des KvG-Gymnasiums, Michael Rickert, die Arbeiten, die entstehen, wenn er nicht an der Schule unterrichtet, sondern künstlerisch arbeitet. Die Ausstellung an vier Orten ist als umfassende Retrospektive angelegt.

Mehr als 4000 Bände umfasst die Bibliothek, über die der Kunsterzieher Michael Rickert verfügt.